Am Anfang stand die Idee, eine zentrale Ausbildung für Sportjournalisten zu schaffen. Inzwischen ist der Universitätslehrgang Sportjournalismus zu einer Institution geworden. Seit 2001 wurden 15 Lehrgänge erfolgreich abgeschlossen, 320 Teilnehmer haben in zweijähriger Ausbildung (vier Semester) den Titel „Akademischer Sportjournalist“ erworben – darunter Maturanten, Berufsumsteiger, aber auch Spitzensportler wie Doppelolympiasieger Felix Gottwald. „Rund 60 Prozent unserer Absolventen arbeiten heute tatsächlich im Journalismus oder PR-Bereich“, sagt Geschäftsführer Minas Dimitriou. Eine bemerkenswerte Quote, die zweifellos auf die hohe Qualität des Lehrgangs zurückzuführen ist. Gelehrt wird neben dem journalistischen Handwerk auch der sportwissenschaftliche Background wie Trainingslehre, Bewegungslehre, Sportpsychologie etc.

Der 16. Lehrgang befasste sich im Sommersemester im Rahmen der Vorlesung „Sport in Printmedien“ unter der Leitung von SN-Sportredakteur Michael Unverdorben mit einem Porträt über mich. Eine Stunde erzählte ich vor 30 überaus engagierten Studenten aus meinem Leben, das Ergebnis ist hier nachzulesen. Die besten fünf Porträts haben es auf meine Website geschafft (Reihung ohne Wertung!). Interessant ist vor allem, welch unterschiedlicher Output aus ein und demselben Interview entstanden ist 😉 ..

hier die Artikel:

 

„Gott, ist das geil!“ – Thomas Geierspichler

Porträt eines außergewöhnlichen Menschen

„Ich lebe glücklich, weil ich weiß, dass ich meine Bestimmung lebe.“
„Alles ist möglich, dem, der da glaubt.“ Zwei Zitate von Thomas Geierspichler, basierend auf einem Zitat des Johannesevangeliums (Joh. 3, 36) „Wer an Jesus glaubt, der hat das ewige Leben. Wer dem Sohn nicht glaubt, wird das Leben nicht sehen…“ Nun kennen wir schon das wichtigste Buch dieses besonderen Menschen, nämlich die Bibel. Wer ist also dieser glückliche, „sehende“, authentische Mensch Thomas Geierspichler? Man könnte annehmen, ihm sei in seinem Leben eigentlich alles geglückt! Beinahe ist diese Vermutung richtig, aber eben nur beinahe.

Geboren wurde Thomas Geierspichler am 14. April 1976 in Anif in Salzburg als Kind einer Bauernfamilie. Sternzeichen Widder: zielstrebig, diszipliniert mutig und belastbar – Eigenschaften, die er in seinem Leben unheimlich brauchte und braucht. Nach der Volksschule schloss er die Land-und Forstwirtschaftliche Fachschule mit ausgezeichnetem Erfolg ab und absolvierte noch eine Ausbildung zum Webdesigner. In seiner Freizeit spielte er leidenschaftlich gerne Fußball und machte Leichtathletik.

Der „Cut“ in seinem Leben war der 4. April 1994, als er sich als Beifahrer – nach einer ganz seltenen „Disconacht“ am Heimweg bei einem Horrorunfall das Genick brach. Zukunft: Querschnittslähmung vom  Hals abwärts. Was das für einen lebensfrohen, lebenshungrigen, sportlichen Menschen bedeutet, ist eigentlich gar nicht nachvollziehbar. Gedanken wie „Ich will das alles nicht mehr!“ “Mama, i kann nimmer!“ spiegeln nur kurz die Ohnmacht, Wut und Verzweiflung. Es folgten schreckliche Zeiten, Depression, Einsamkeit, Alkohol und Drogensucht.

Am 28. Dezember 1997 veränderte sich sein Leben zum zweiten Mal grundlegend. Auf einer Reggae-Party lernte er Wolfgang kennen, einen ungewöhnlichen Typen. Sie trafen einander öfter, bis der Satz fiel: „Weißt du eigentlich, dass Jesus dich heilen kann?“ Klar, dass dieser Satz einen jungen Mann mit Suchtproblemen und im Rollstuhl nicht zu Begeisterungsstürmen hinreißt. Doch nach mehreren Begegnungen ist er zu diesem Satz fähig:“ Ich wusste, wenn es Gott gibt, muss ich etwas ändern in meinem Leben, und er muss mir dabei helfen.“ Es helfen die Charaktereigenschaften seiner Person selbst, Gottesgeschenke, wie Zähigkeit, Disziplin, Aggression und Belastbarkeit. Er schaffte den totalen Entzug, fastete, betete, trainierte mit Hanteln und verspürt eine unheimliche Kraft, die ihn vorantrieb. 1998 lernte er einen Rennrollstuhlfahrer kennen und erkannte sein Potential. Ab sofort begann er zu trainieren. Das klingt wieder relativ „easy“, war aber eine beinharte Zeit. Was sagt er selber dazu: “Sport hat mich aus dem Loch geholt. Mein Fundament ist aber der Glaube. Der Glaube hat mich wieder auf die Beine gestellt.“ Oder: „Erfolgreich sein, heißt Grenzen überwinden. Meine Kraft ist die Motivation“. Thomas Geierspichlers erster großer Sieg war die Bronzemedaille bei den Paralympics 2000 in Sydney. Zitat gefällig: „Gott, ist das geil!“ Es folgten neben unzähligen anderen Erfolgen 2004 Gold in Athen und 2008 Gold in Peking. 2004 erhielt er das goldene Ehrenzeichen für die Verdienste der Republik Österreich.

Aber in Wirklichkeit zählt das neue, glückliche, selbstbestimmte und erfolgreiche Leben des Thomas Geierspichler.

Der, der glaubt und das Leben „sieht“. (Joh.3, 36)

Der, der über sich hinauswächst und an seine Grenzen geht.

Der, der authentisch lebt und auf seinem Grabstein folgenden Text stehen haben will: „Ich habe jeden Tag so gelebt, wie ich es wollte.“

Der, der für andere da ist: Ideengeber und Aushängeschild des Vereins “Walk´n Roll“, setzt sich für Verbesserungen im Zusammenleben von Behinderten und nicht behinderten Menschen ein.

Der, der mit seinen Vorträgen im In-und Ausland anderen Mut, Kraft, Motivation und Impulse schenkt.

Der, dessen Lieblingsbuch die Bibel und dessen Lieblingsfilm „Forrest Gump“ ist. Zitat. „ Meine Mutter hat mir gesagt: „Wunder passieren jeden Tag – es gibt Leute, die glauben nicht daran. Aber es ist so.“

Otto Frigyesi


 

 

Die Geschichte einer Freudenträne – Thomas Geierspichler im Portrait

Ein heißer Spätsommertag in Athen, die Paralympics 2004 sind in vollem Gange: Auf
dem Siegerpodest im Olympiastadion sitzt ganz oben in seinem Rollstuhl ein
Blondschopf mit Lorbeerkranz im Haar und einer Goldmedaille um den Hals. Wer
genau hinsieht, entdeckt bei dem Mann im Austria-Trainingsanzug eine kleine Träne
über die Wange rollen. Dieser Mann heißt Thomas Geierspichler und hat soeben Gold
bei den Rennrollstuhlfahrern gewonnen.

Die kleine Träne glänzt in der griechischen Sommersonne – sie spiegelt aber nicht nur
das Sonnenlicht wider, sondern auch eine ganz besondere Geschichte. Eine sehr
aufregende, fesselnde, traurige und zugleich motivierende – es ist die Geschichte von
Thomas Geierspichler!
Zwei junge Männer sind auf dem Heimweg von einer durchzechten Partynacht;
Geierspichler auf dem Beifahrersitz. Als den Fahrer kurz die Müdigkeit übermannt,
geht alles ganz schnell: Ein lauter Knall und plötzlich ist im Leben des Tom, wie ihn
seine Freunde nennen, nichts mehr wie es vorher war. Geierspichler ist vom Hals
abwärts gelähmt und für sein restliches Leben an den Rollstuhl gebunden.
Der ehemals lebensfrohe junge Mann fällt in ein tiefes Loch – Alkohol und Drogen
bestimmen sein Leben fortan. Vor seinen früheren Freunden schämt er sich, fühlt sich
mit seinem Rollstuhl von der Gesellschaft nicht mehr akzeptiert und flieht in eine Welt
von Nirvana, Hans Söllner und Rauschmittel.
„Ich wusste, wenn es Gott gibt, muss ich etwas ändern in meinem Leben,
und er muss mir dabei helfen.“
Das Verhältnis zum Vater ist zerrüttet; sollte doch der Thomas den elterlichen
Bauernhof übernehmen! Bei der Mutter findet Geierspichler einen sicheren Hafen,
Geborgenheit und stets große Unterstützung.
Durch Bekannte findet Thomas, der vor seinem Unfall keinen besonderen Bezug zum
Glauben hatte, einen Zugang zu Gott und beginnt in der Bibel zu lesen.
Andreas Hartmann
Er fastet, hört mit dem Rauchen, dem Kiffen, dem Alkohol auf und beginnt Sport zu
treiben. „Da begann Gott meine Seele zu heilen!“
Nur kurze Zeit später lernt Geierspichler einen Rennrollstuhlfahrer kennen, bekommt
in einem Trainingscamp die Möglichkeit, in den Sport hinein zu schnuppern und ist auf
Anhieb begeistert. Von nun an trainiert der gottesfromme Mann aus Anif bei Salzburg.
Er trainiert hart und quält sich. Die kalten Wintertage verbringt er auf einem SpezialErgometer
für Rollstühle – im Kuhstall!

Mit zunehmendem Ehrgeiz folgen auch die ersten Rennen: Geierspichler startet bei
Marathon-Rennen und schafft bei seinem erst dritten Start eine Sensation – die
Qualifikation für die Olympischen Spiele in Sydney 2000!
„Alles ist möglich dem, der da glaubt.“ Thomas Geierspichler ist der lebende Beweis
für diesen Vers aus dem Markus-Evangelium. Nur zwei Jahre nach seinen ersten
Versuchen mit einem Rennrollstuhl sitzt der Salzburger im fernen Australien,
geschmückt mit einer Bronzemedaille, auf dem Podium der Olympischen Spiele in
Sydney. Ein großer Erfolg für Thomas, nicht aber das Ziel seiner Träume – Thomas
möchte Gold!
Vier Jahre vergehen bis Geierspichler wieder seinen Koffer für Olympische Spiele
packt. Er arbeitet hart, gewinnt viele Rennen und widmet sein neues Leben ganz dem
Sport. Noch immer blickt er oft auf den Untersberg – seinen Hausberg – und muss sich
mit dem Gedanken abfinden, diesen vermutlich nie wieder aus eigener Kraft erklimmen
zu können. Der Schmerz über diese Tatsache aber wird weniger: Thomas hat durch
den Glauben und den Sport wieder einen Sinn und eine Aufgabe gefunden. Wer den
frommen Blondschopf trifft, der begegnet einem stets glücklichen und positiven
Menschen. Thomas strahlt eine Wärme und Herzlichkeit aus, die man im Alltag oft so
bitter vermisst. Beeindruckend und berührend, wie ein vom Schicksal so geprügelter
Mensch die Gesunden und Unversehrten lehrt, glücklich und zufrieden zu sein!
Die kleine Träne hat jetzt den Wangenknochen erreicht, ist kurz davor, auf den rotweiß-roten

Austria-Trainingsanzug abzustürzen, um dort langsam von der
griechischen Spätsommersonne aufgetrocknet zu werden. Vor dem inneren Auge
Geierspichlers laufen im Zeitraffer Bilder und Momente der vergangenen Jahre ab: der
Unfall, die Diagnose, die dunklen, einsamen Tage und die Auferstehung des Thomas
Geierspichler – Glaube und Wille versetzen Berge!
Bis zum heutigen Tage ist Thomas Geierspichler Weltrekordhalter und stolzer Besitzer
von neun Medaillen bei Olympischen Spielen. Neben dem Leistungssport hält
Geierspichler Motivations-Vorträge, fördert den Nachwuchs seiner Sportart und
vermietet in Anif Ferienwohnungen. Der Mann steht mitten im Leben, ist glücklich,
zufrieden und sportlich wie menschlich ein großes Vorbild!

Andreas Hartmann


 

 

Geierspichlers größter Sieg

Von Alkohol und Drogen zu olympischem Gold. Die Lebensgeschichte des Thomas Geierspichler ist einzigartig. Auf sportlicher Ebene hat er quasi alles gewonnen, was es zu gewinnen gibt. Trotz unglaublicher Erfolge als Rennrollstuhlfahrer, ist sein größter Sieg abseits des Sports zu finden.

Wenige Sekunden haben vieles verändert. Seit seinem schweren Autounfall am 4. April 1994, ist Thomas Geierspichler auf den Rollstuhl angewiesen. Der 41-jährige, gebürtige Salzburger ist von Hals an abwärts gelähmt. Vom einen auf den anderen Tag bricht damit für ihn eine Welt zusammen. Die Folge ist ein tiefes, psychisches Loch in das er fällt. Geierspichler selbst hat sich ab diesem Zeitpunkt nicht mehr wertvoll gefühlt: „Ich war nicht mehr die Person, sondern ich war der Behinderte.“ Von nun an stehen Zigaretten, Alkohol und Drogen an der Tagesordnung, um der Realität zumindest zeitweise entfliehen zu können. Knapp drei Jahre lebt er in einer Scheinwelt. Schließlich ist es der Glaube, der ihm wieder Kraft und Motivation gibt, das Leben selbst in die Hand zu nehmen. Einer der wichtigsten Schritte ist dabei der Weg zum Rennrollstuhlsport.

„Sturz von Maier war ein Knackpunkt“

Sport spielt bei Thomas Geierspichler bereits vor dem Unfall eine Rolle. Seine schnellen Beine und sein Talent in der Leichtathletik kommen ihm beim Fußballspielen in Anif zu Gute. „Papa war davon nicht gerade begeistert, weil Fußball nicht gut für die Knie sein soll“, erzählt Geierspichler mit einem Schmunzeln. Nach dem Unfall ist für ihn an Sport erst einmal nicht zu denken. Zu minderwertig fühlt er sich in seinem Körper. Erst im Anschluss an die von Alkohol und Drogen geprägte Zeit, kommt er mit Sport wieder in Berührung. Dieses Mal intensiver als er vielleicht jemals vermutet hätte. Ein Freund bringt ihm den Rennrollstuhlsport näher. Geierspichler ist schnell Feuer und Flamme und tastet sich Tag für Tag an seine an seine körperlichen Grenzen heran. „Für mich war es ein Prozess über mehrere Monate, eine Art Selbstheilungsphase“, beschreibt er wie wichtig der Sport zu dem Zeitpunkt für ihn ist. Nur kurze Zeit später wird aus dem anfänglichen Hobby der Beginn einer unglaublich erfolgreichen Sportlerkarriere. Mitentscheidend dafür ist der Herminator mit seinem Wunder von Nagano. „Der Sturz von Hermann Maier war ein Knackpunkt, der mir viel Motivation gab“, sagt Geierspichler. Auch er träumt davon, eines Tages die Nationalhymne für ihn spielen zu hören.

Der größte Sieg

Mittlerweile ist Thomas Geierspichler einer der erfolgreichsten und bekanntesten Behindertensportler des Landes. Als Doppelolympiasieger, fünffacher Weltmeister und achtfacher Europameister, ist auf sportlicher Ebene praktisch alles abgegrast. Trotz dieser Fülle an Erfolgen, ist der für ihn vielleicht bedeutendste Sieg wo anders, abseits des Sports zu finden: „Das Zurechtkommen mit meiner Behinderung war mein wahrscheinlich größter Sieg überhaupt“, reflektiert Geierspichler die Jahre nach seinem Unfall. Oft sind es die scheinbar kleinen Dinge im Leben, die nicht gemessen werden können und doch von großem Wert sind.

Valentin Hinterstoisser


 

 

Alles ist möglich, dem, der da glaubt!

Diesem Satz aus der Bibel würden wohl viele Menschen zustimmen, die gläubig sind oder zumindest daran glauben, dass es da jemanden gibt, der auf einen aufpasst. Solange es einem gut geht, man gesund ist und sich nicht allzu großen Sorgen um Geld oder das Auto machen muss. Und manchmal denkt man sogar daran, Gott zu danken, wenn es einem besonders gut geht oder man mal dringend „Unterstützung von oben“ bräuchte für einen Test in der Schule oder ein vielversprechendes Date.

Auch Thomas Geierspichler war wohl einer von ihnen, die eben an den hohen Feiertagen in die Kirche gingen und vor dem Essen beteten, weil man das eben so daheim macht. Bis sich sein Leben am 4. April 1994 radikal veränderte und der 18-Jährige durch einen Autounfall querschnittsgelähmt wurde.

Als dem Jungen aus Anif bei Salzburg Wochen später klar wird, dass er wohl nie wieder laufen wird, fällt er in ein Loch. „Ich hab mich nicht mehr wertvoll gefühlt, Behinderte waren doch einfach nur bemitleidenswerte Wesen“, erklärt der mittlerweile 41-Jährige. „Aber ich hab mich nicht behindert gefühlt, nur musste ich damit klar kommen, dass ich auf einmal der Behinderte war und so wahrgenommen wurde!“

Bis er sich selbst so annehmen konnte wie er es heute tut, sind Jahre vergangen. Direkt nach seinem Unfall und der Reha fiel er erst einmal in ein Loch aus Alkohol und Drogen. War er doch vorher der junge, freche Fußballer, der gut bei den Mädels ankam; oder der fleißige Sohn, der (zwar oft gezwungenermaßen) den Eltern zu Hause auf dem Bauernhof half und als Erstgeborener natürlich den Hof übernehmen sollte. Und auf einmal war er behindert – einer von denen sozusagen.

Schlimm genug, dass er selbst damit erst einmal klarkommen musste. Aber auch die Eltern, die auf einmal wieder einen betreuungspflichtigen Bub zu Hause hatte, der ihre Hilfe aber gar nicht wollte und die auch einige Zeit gebraucht haben, mit der neuen Situation umzugehen.

„Auf einmal waren zwei Stufen schon zu viel für mich, ich bin immer lebensmüder geworden und hab mir mit dem Kiffen alles schöngeredet. Da ist man nämlich in einer Welt, in der alles gut ist“, erzählt der Mann, der im Rollstuhl so viel lebendiger wirkt als manch einer um ihn herum.

Ja geradezu erstaunlich sind die Lebensfreude, die Aktivität und der Willen des Mannes im Rollstuhl, der jeden im Raum mit seiner Ehrlichkeit und seinen einfachen Worten, die an alle gerichtet sind, einnimmt und berührt. Dieser Mann hat es mit dem Glauben an Gott und mit seinem neu-gefundenem Lebenswillen geschafft, aus einer scheinbar aussichtlosen Lebenssituation, an der immer noch zu viele Menschen zerbrechen, gestärkt hervorzugehen und eine neue Lebensbestimmung zu finden: das professionelle Rennrollstuhlfahren.

Hat ihm das Training anfangs geholfen, seinen tauben Körper wieder zu spüren und selbst gesetzte Grenzen zu durchbrechen, so ist er mittlerweile Weltrekordhalter im Paralympics-Marathon und hat unzählige Medaillen bei paralympischen Spielen, Welt- und Europameisterschaften und im Weltcup gesammelt. Man könnte noch seitenlang nur über die vielen Erfolge und auch die wenigen Misserfolge, die es durchaus gab, schreiben, jedoch hat Thomas Geierspichler es immer geschafft, sich nicht nur über den Sport zu definieren, sondern seinem Leben als Ganzes eine neue Wendung zu geben.

So hat er, wie ursprünglich geplant, den Hof übernommen, ihn aber in ein Therapiezentrum mit Ferienwohnungen umgebaut, welches er mit seiner Mutter und seiner Freundin betreibt.

Zwar hat er sich an dem Abend, als er sich für Gott und den Sport entschied, mit dem Rauchen, Trinken und Drogen nehmen aufgehört, doch dennoch findet er mittlerweile eine gute Balance dabei. So kann es durchaus sein, dass man den flinken Rollstuhlfahrer mal ein Schönramer-Bier auf seiner Terrasse oder im Biergarten trinken sieht. Sieben Jahre lang trank er keinen Tropfen Alkohol. „Ich wollte mich reinigen, habe aber gemerkt, dass ich mich nicht auflösen kann,“ erklärt er seinen Wandel. Ans Auflösen denkt Thomas heutzutage wohl eher selten. Er hat seinen Platz gefunden, auch wenn er an schweren Tagen hadert und den Weg des Lebens nicht immer versteht. Aber durch seinen Glauben an Gott hat er zumindest verstanden, dass Gott mit ihm den Weg gehen möchte und er vor allem an sich selbst glauben muss.

Durch diesen Satz „Alles ist möglich, dem, der da glaubt!“ war es Thomas möglich, den Glauben und auch Gott ernst zu nehmen, sich den Herausforderungen zu stellen und seinem neuen, zweiten Leben wieder Bedeutung zu geben.

Elisabeth Lastovka


 

 

Per Kehrtwende zur Goldmedaille

Thomas Geierspichler gerät nach einem Schicksalsschlag in seiner Jugend auf die schiefe Bahn – ein Lebenswandel und sein unbändiger Wille verhelfen dem Salzburger jedoch zu einer beeindruckenden Karriere als Behindertensportler. Heute ist er Österreichs erfolgreichster Rennrollstuhlfahrer.

Salzburg, 3.5.2017

Thomas Geierspichler befindet sich gerade in einem Gespräch mit angehenden Sportjournalisten als ihn das Publikum über Hobbies in der Jugend befragt. Fußball sei eines gewesen, antwortet der 41-Jährige, „aber mein Vater hat mir damals gesagt, dass die Knie dadurch kaputt werden“. „Heute“, scherzt er, „wäre ich froh, wenn es nur die Knie wären“. Es ist eine bemerkenswerte Aussage, die im Publikum zwar für Gelächter, aber auch für nachdenkliche Gesichter sorgt. Denn: Thomas Geierspichler sitzt seit seinem 18. Lebensjahr im Rollstuhl – sein unbändiger Wille und ein Lebenswandel verhelfen dem Salzburger aber zu außerordentlichen Leistungen. Heute ist er Österreichs erfolgreichster Rennrollstuhlfahrer. Es ist eine beeindruckende Geschichte voller Höhen und Tiefen, die der Sportler vorzuweisen hat:

Glaube an Gott sorgt für Trendwende

Der Schicksalstag des Thomas Geierspichler jährte sich erst kürzlich zum 23. Mal: Am 4. April 1994 verunglückt er als Beifahrer im Auto eines Freundes. Nach zwei Monaten Reha folgt die ernüchternde Diagnose: Bruch des fünften und sechsten Halswirbels. Der Körper ist somit von der Hüfte an abwärts gelähmt. Ein Schock für den damals 18-Jährigen: „Ich habe mich nicht mehr wertvoll gefühlt, mich selbst nicht mehr geliebt. Ich habe gewusst, ich werde von nun an als Behinderter wahrgenommen“, erzählt er heute. Es folgen Alkohol- und Drogenprobleme – Geierspichler scheint in einen Teufelskreis zu geraten. Nach drei schwierigen Jahren verhilft ihm ein Gespräch mit einer gläubigen Familie zur Trendwende: „Ich habe damals mein Leben reflektiert und gemerkt, dass Vieles falsch gelaufen ist“. Mit dem neu gewonnen Glauben an Gott verliert Geierspichler das Interesse an Suchtmittel – stattdessen ist der erfolgreiche Skifahrer Hermann Maier nun das große Vorbild.

Über den Schnupperkurs zu Gold bei den Paralympics

Ein Schnupperkurs im Rennrollstuhlsport leitet dann endgültig einen neuen Lebensabschnitt ein: Angetrieben vom geweckten Ehrgeiz, widmet sich der Salzburger voll und ganz der noch ungewohnten Sportart. Durch hartes Training unterbietet Geierspichler aber bald sogar das paralympische Limit im Marathon. „Plötzlich waren die Paralympischen Spiele das Ziel“, sagt der Behindertensportler heute. Er trainiert nun noch intensiver – und die Erfolgsgeschichte nimmt endgültig seinen Lauf:  Bereits im Jahr 2000 gewinnt Geierspichler in Sydney seine erste Bronzemedaille im Marathon. Vier Jahre später kürt er sich in Athen sogar zum Paralympics-Sieger über die 1500 Meter. Es ist der zweite seiner drei persönlich wichtigsten Erfolge. Der dritte folgt 2008 in Peking, als sich der Sportler in Weltrekordzeit erneut Gold im Marathon sichert.

Tokio 2020 im Visier

Insgesamt erringt Geierspichler bis heute neun Medaillen bei den Paralympischen Spielen. Außerdem wird er dreimal zu Österreichs Behindertensportler des Jahres ernannt. „Das hört sich alles schön an“, sagt der heute 41-Jährige, „aber der größte Sieg war, dass ich mit meiner Behinderung zurechtgekommen bin“. Es sind Aussagen wie diese, die den starken Charakter des Thomas Geierspichler zum Vorschein bringen. Sein Erfolgsrezept für den sportlichen Erfolg: „Du kannst nur viel trainieren, der Rest liegt nicht in deiner Hand. Wichtig ist, dass du mit dir selbst zufrieden bist“. Geierspichler scheint genau das zu sein – wenngleich er sich noch große Ziele gesteckt hat: „Die Wintervorbereitung war gut und ich schaue nun auf die Weltmeisterschaft heuer in London“. Sogar die Paralympischen Spiele in Tokio 2020 habe der Rennrollstuhlfahrer noch im Blick.

Was nach der sportlichen Laufbahn folgt, darüber macht sich Geierspichler noch keine Gedanken: „Ich plane noch nicht wirklich für Zeit danach. Ich halte aber bereits jetzt Vorträge, werde gebucht und erzähle über mein Leben“. Zum Erzählen hat Thomas Geierspichler wirklich viel: Seine Geschichte über den schweren Schicksalsschlag, die schwierige Zeit danach und den beeindruckenden Lebenswandel inklusive sportlicher Erfolge macht ihn heute zu einem Vorbild für viele Menschen – Grund dafür ist vor allem der Mensch hinter dem Sportler Thomas Geierspichler.

Christian Hetzenauer


 

 

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